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Der alte Chang hat seine Tiere auf einer Vogelfarm in der Nachbarprovinz Hunan gekauft. Fast 500 Yuan, etwa 63 Euro, kostete jedes Tier - fast die Hälfte seines Monatseinkommens. Ein Jahr hat er die großen schwarzen Vögel darauf dressiert, die Fische zu schnappen und dann - wi- derwillig zwar - die Beute wieder her-zu- geben. Es gibt noch etwa 40 Fischer, die wie Herr Chang am Li-Fluss um Guilin ihre Beute mit Kormoranen fangen. Gegen 20 Uhr brechen wir auf. Die Kormorane sitzen angebunden auf den Bambusrohren. Erst als wir das Fangge- biet erreichen, löst Chang ihre Fußfesseln. Wie alle anderen Li-Fischer, hat Chang sein Floß selbst gebaut. Aus jeweils fünf Bambusrohren, die mit Stricken zusam- mengehalten werden. Wie immer, wenn er nachts auf Fischfang geht, hat Chang am Bug eine Petroleumlampe aufgehängt. Ihr Lichtschein soll die Fische anlocken. Was die großen schwarzen Vögel aus dem kristallklaren Fluten holen, bringt Herr Chang den nächsten Tag zum Markt in die nahe Kreisstadt Xingping. Die Ta- ges-und Nachtbeute waren rund 5 Kilo Fisch. Viel mehr ist in einer Nacht nicht zu holen. Heute waren es meist kleine Fi- sche, die sich allerdings hervorragend für eine köstliche Suppe mit Ingwer eignen. Herr Chang beklagt, dass der Fluss in den letzten Jahren schmutziger geworden ist. Dazu tragen die vielen Touristenschiffe maßgeblich bei. Andere stellen Netze und es wird auch viel mit der feinen Bambusangel und Schwimmern geangelt. Gegen Mittag gönnen wir den Kormoranen und uns eine Verschnaufpause. Mittlerweile hat es über 30 Grad und die Sonne brennt. Herr Chang will uns am Abend noch mal auf Beutezug mitnehmen. Einige seiner Freunde haben die Fluss-Fi- scherei bereits aufgegeben und wenden sich einem weitaus lukrativerem Job zu, dem Tourismus. Und der boomt in dieser Bilderbuch-Landschaft. Hier lässt sich viel mehr und viel schneller Geld machen als beim Fischfang. Mehr als hundert Aus- flugsschiffe sind täglich auf dem Li-Fluss zwischen Guilin und dem etwa 100 km entfernten Yangshou unterwegs. Unge- fähr 4,5 Studen dauert die Fahrt. Zum Abschluss unseres Besuches bei Herrn Chang fischen wir selbst noch mal mit einer Bambusangel, Pose und feinem Gerät. Als Köder dienen uns Wespen-Lar- ven und kleine Würmer, die es in Herrn Changs Dorf am Fluss reichlich gibt. In kurzer Zeit fangen wir einige Liang-Fi- sche, die uns Frau Chang am Abend köst- lich zubereitet. 37 Fotos: M. Behr